Meine Notizen zu dieser Seite:

Wie zufällig ist eigentlich der Zufall? Wappen oder Zahl in Theorie und Praxis.

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Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen, liebe Hörer. Auch heute möchten wir über Mathematik reden und wieder einmal geht es um den Zufall. Wie zufällig ist eigentlich der Zufall? Wir werden diese Frage klären und dabei wieder einmal sehen, dass unsere Intuition in diesem Bereich nicht immer der beste Ratgeber ist.

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Werfen Sie eine Münze. Nein, nicht real. Tun Sie nur so, als würden Sie eine Münze werfen. Nehmen Sie Bleistift und Papier und schreiben Sie eine von Ihnen zufällig gewählte Folge von 25 Würfen auf. Natürlich dürfen Sie dabei nur ein W für Wappen oder ein Z für Zahl verwenden. Los geht es.

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Nehmen Sie nun bitte eine Münze und werfen Sie tatsächlich 25-Mal. Auch diese Folge sollten Sie natürlich schriftlich festhalten.

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Schauen Sie sich die ausgedachte Folge an. Wie oft steht bei Ihnen hintereinander nur der Buchstabe W oder nur der Buchstabe Z?

Weniger als 5-Mal? 5-Mal oder öfter?

Gibt es Unterschiede zwischen ihrer „einfach so“ aufgeschriebenen Folge und dem realen Wurf einer Münze?

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Auch hier bin ich selbst aktiv geworden und habe das Experiment 4-Mal hintereinander durchgeführt, also insgesamt 100-Mal die Münze geworfen. Hier ist das Ergebnis. Insgesamt kam ich auf 51-Mal „Wappen“ und 49-Mal „Zahl“, also eine fast schon überraschend gleichmäßige Häufigkeitsverteilung.

Aber natürlich wechselten sich Wappen und Zahl nicht immer brav nacheinander ab. In der ersten Serie kam zu Beginn 6-Mal hintereinander Wappen. In der zweiten Serie begann es gar mit 9 Würfen, die das Ergebnis „Zahl“ hatten.

Wenn Sie nun mit ihrer ausgedachten Folge vergleichen, dann sieht die vermutlich eher aus wie hier die dritte und die vierte Folge. Schon eine Folge von fünf gleichen Würfen dürfte eher die Ausnahme sein, oder? Rein intuitiv scheut man sich, zu oft den gleichen Buchstaben zu schreiben. Aber wir wissen ja: Der Zufall hat kein Gedächtnis. Es ist ihm völlig gleichgültig, welches Ergebnis das vorherige Mal geworfen wurde.

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Schauen wir uns das einmal genauer an. Offensichtlich geht es darum:

Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass in einer 25er-Folge die gleiche Seite der Münze 5-Mal oder mehr hintereinander vorkommt? Um diese Frage zu beantworten, nehmen wir einen Zufallsgenerator zu Hilfe. Dabei wurden 10.000 zufällige 25er-Folgen betrachtet. Das Ergebnis folgt auf der nächsten Seite.

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Die Grafik zeigt die Verteilung der maximalen Anzahl an Folgengliedern ohne Wechsel der Seite. Im linken Teil und in gelb gekennzeichnet sind die Folgen, bei denen zwei, drei oder vier die maximale Anzahl gleicher Folgenglieder war. Offensichtlich war bei den meisten Folgen die Zahl genau vier.

Aber – und das sieht im rechten, blauen Teil – in mehr als 50% der Fälle hatte bei diesen 10.000 Versuchen die längste Folge ohne Wechsel der Seite mindestens fünf Folgenglieder und das Maximum überhaupt lag bei stattlichen 11 Folgengliedern.

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Nachdem eben das Wort der Zufallsgenerator hatte, soll nun auch der Mensch nicht ungehört bleiben. Sie sehen die Zahlen. Bei einem Versuch mit 32 Personen, hatten etwa 30% eine Folge mit fünf oder mehr Gliedern aufgeschrieben.

OK, 32 ist natürlich deutlich kleiner als 10.000. Und das „empirische Gesetz der großen Zahl“ haben wir ja schon ausführlich diskutiert.

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Dennoch scheint es so, dass Menschen keinen sonderlich guten Sinn für den Zufall haben. Es geht wohl nichts über das reale Experiment.

Aber arbeitet ein Zufallsgenerator im Computer wirklich zuverlässiger als ein Mensch? Lassen Sie uns das näher betrachten. Konkret sprechen wir über diese drei Fragen:

Was macht ein Zufallsgenerator?

Wie macht er das?

Wie zufällig sind die Ergebnisse tatsächlich?

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Was macht eigentlich der Zufallsgenerator in einem Computer?

Das ist ganz einfach: Er kann Zahlen zufällig erzeugen. In der Regel sind das Zahlen zwischen 0 und 1, die etwa auf 8 oder mehr Stellen genau erzeugt werden. Sie kennen aber sicherlich auch Anwendungen, in denen ganze Zahlen das Ergebnis sind. Sie liegen dann in gewissen Grenzen, die man selbst bestimmen kann, also etwa zwischen 1 und 6, um das Werfen eines Würfels zu simulieren.

Aber wie passiert das eigentlich?

Lassen Sie es uns Schritt für Schritt verstehen.

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Eigentlich geht es immer nur darum, einzelne Ziffern zufällig zu erzeugen.

Stellen wir uns ein Glücksrad – wie es hier abgebildet ist – mit den Ziffern von 0 bis 9 vor. Dreht man es wiederholt, dann bekommt man auf diese Weise eine zufällige Folge von Ziffern.

Das ist – vorausgesetzt die Felder sind gleich groß und man dreht das Glücksrad ganz real – eine Folge, bei der jede einzelne Ziffer zwischen 0 und 9 bei einer großen Anzahl von solchen Drehungen mit etwa gleicher Wahrscheinlichkeit auftritt.

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Wie kommen wir zu den gewünschten Zufallszahlen? Ganz einfach.

Nehmen wir an, wir haben eine lange Liste zufällig erzeugter Ziffern bekommen. Fasst man nun beispielsweise vier aufeinanderfolgende Ziffern zusammen, dann bekommt man (zufällig entstanden) eine von 10.000 möglichen Zahlen zwischen 0 („0000“) und 9999.

Und wenn man lieber eine Zahl zwischen 0 und 1 haben möchte, dann beginnt man einfach mit „0,“ und ergänzt vier Dezimalstellen.

In jedem Fall nennt man das eine Zufallszahl.

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Nun versteckt sich in einem Computer sicherlich kein Glücksrad. Er kann letztendlich nur mit Algorithmen umgehen. Wir brauchen also geeignete Algorithmen, um entsprechende Zahlen zu erzeugen. Das ist etwas anrüchig, denn so ganz zufällig kann das nicht mehr sein – wir werden das gleich noch einmal im Detail betrachten. Weil aber ein Algorithmus hinter dem Ergebnis steckt, spricht man hier dann von Pseudozufallszahlen.

Welche Anforderungen haben wir an die Zahlen und damit an einen solchen Algorithmus?

Nehmen wir an, es sollen vierstellige Zahlen erzeugt werden. Dann sollten die Ziffern zwischen 0 und 9 in etwa zu einem Zehntel, alle zweistelligen Ziffernfolgen in etwa zu einem Hundertstel, alle dreistelligen Ziffernfolge in etwa zu einem Tausendstel auftreten (zumindest „on the long run“, also wenn man sehr viele Zahlen erzeugt).

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Ein möglicher Algorithmus hat ein schlichtes Wirkungsprinzip: Er muss bei einer Ziffer beginnen und daraus die nächste erzeugen. Das könnte prinzipiell so gehen:

Wir wählen eine Zahl a1, mit der wir beginnen, multiplizieren sie mit einer festen anderen Zahl b, addieren eine weitere Zahl c und betrachten schließlich den Rest, wenn wir durch d dividiert haben. Das Ergebnis ist a2.

Zu viele Variablen? Zu abstrakt? Wie fast immer geht es mit einem Beispiel deutlich leichter.

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Nehmen wir also konkrete Zahlen. Wir wählen a1 = 2, b = 3, c = 4. Damit rechnet man a1 • b + c = 2 • 3 + 4 = 10, also ist a2 = 0.

Und so geht es weiter:

0 • 3 + 4 = 4,   also ist a3 = 4.

4 • 3 + 4 = 16, also ist a4 = 6.

6 • 3 + 4 = 22, also ist a5 = 2.

2 • 3 + 4 = 10, also ist a6 = 0.

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Oh, so sollte es eher nicht sein, denn hier kommt auf die Folge 0, 4, 6, 2 gleich wieder und fortlaufend 0, 4, 6, 2, 0, 4, 6, 2 usw. Vom Zufall gibt es keine Spur bei dieser festen Folge und es sind noch nicht einmal die Zahlen zwischen 0 und 9 alle in der Folge zu finden. Ganz so einfach geht es offensichtlich nicht.

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Reicht es, die Variable d zu ändern? Wir probieren es.

Mit a1 = 2, b = 60, c = 5 und d = 100 rechnet man 2 • 60 + 5 = 125, also a2 = 25.

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Und so geht es dann weiter: Ganz fürchterlich, denn es ist a3 = a4 = a5 = a6 =  alle anderen auch gleich 5. Nein, so geht es auch nicht, offensichtlich müssen die Variablen etwas geschickter gewählt werden.

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Geschickter ja. Aber im Grunde wird es nicht schwieriger. Man muss die Anfangswerte a1, b und c einfach so wählen, so dass für die gewünschte Stellenzahl – und die wird durch die Variable d bestimmt – möglichst viele Zahlen als Reste auftreten.

Mit a1 = 2, b = 72, c = 5 und d = 100 sieht es bereits besser aus.

Man rechnet 2 • 72 + 5 = 149 , also ist a2 = 49.

Und so geht es weiter:

49 • 72 + 5 = 3533,   also ist a3 = 33.

33 • 72 + 5 = 2381,   also ist a4 = 81.

81 • 72 + 5 = 5837,   also ist a5 = 37.

37 • 72 + 5 = 2669,   also ist a6 = 69.

Aber ganz klar, auch bei der Division durch 100 können nur die 100 Reste zwischen 0 und 99 auftreten. Irgendwann wiederholt sich ein Rest und dann fängt die ganze Folge wieder identisch von vorne an. Dreht man das Glücksrad, dann wird das eher nicht passieren. Und genau darum unterscheidet man Zufallszahlen und die hier erzeugten Pseudozufallszahlen.

In der Praxis wird man d übrigens groß wählen. Für d = 1 Million gibt es theoretisch 1 Million Reste und damit – bei geeigneter Wahl der anderen Variablen – bereits eine breitere Möglichkeit für unterschiedliche Pseudo- Zufallszahlen.

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Noch einmal: Es kommt offensichtlich sehr darauf an, welche Ausgangswerte für die Variablen verwendet werden.

Deshalb wird in der Realität mit großem d und ganzen Zahlen gearbeitet, für die die genannten Gütekriterien der Folge erfüllt werden. Man multipliziert etwa die Ausgangszahl a1 mit 16807 und teilt das Ergebnis durch 2.147.483.647. Und fragen Sie bitte nicht, wie man auf genau diese Zahlen gekommen ist.

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Der letzte Schritt ist vielleicht der einfachste. Was macht man, wenn man tatsächlich ganz genau die natürlichen Zahlen von 1 bis 6 haben möchte?

Nichts leichter als das.

Hat man entsprechend gute Zufallszahlen zwischen 0 und 1 zur Hand, dann wertet man alle zwischen 0 und 1/6 als 1, zwischen 1/6 und 2/6 als 2, zwischen 2/6 und 3/6 als 3 und … alle zwischen 5/6 und 6/6 als 6.

Aber Sie sollten trotzdem nicht auf das Spielen mit einem echten Würfel verzichten und schon gar nicht in der Schule.

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Schön, dass Sie dabei waren. Ich freue mich auf Sie, wenn wir in der nächsten Episode wieder über Mathematik reden.

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