23 Ganz schön komplex: Zufall unter Bedingungen.
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Einen wunderschönen guten Tag Ihnen alle. Seien Sie herzlich willkommen zu dieser neuen Folge, in der es um den Zufall und um Bedingungen für bestimmte Ereignisse geht. Es wird – so viel sei schon gesagt – dieses Mal ganz schön komplex.
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Das ist die grundsätzliche Frage: Sind Wahrscheinlichkeiten eigentlich immer feste Größen? Oder hängen sie auch einmal von den jeweiligen Umständen ab? Lassen Sie uns zunächst an einem Beispiel erklären, worum es geht.
Wir betrachten dazu die Mathematik und die Musik oder – besser gesagt – den Hang zur Musik unter Berücksichtigung der Liebe zur Mathematik. Vielleicht haben Sie ja auch schon einmal gehört, dass Mathematikerinnen und Mathematiker sehr oft virtuos ein Instrument spielen. Das ist die Fragestellung:
Stimmt es eigentlich, dass eine Person, die gut in Mathematik ist, eher ein Musikinstrument spielt als eine Person ohne Affinität zu diesem Fach?
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Wieder einmal können wir an einer Befragung nicht vorbei. Ich gebe allerdings zu, dass ich mir dieses Mal die Zahlen ausgedacht habe, um einfacher rechnen zu können.
Also, nehmen wir an, an einer Befragung zum Thema 1000 Schülerinnen und Schüler einer 12. Jahrgangsstufe teilgenommen haben. Für das Kriterium „gut in Mathematik“ wurde die Zeugnisnote herangezogen, die dann mindestens eine „2“ sein sollte. Das Kriterium „spielt ein Instrument“ sollte erfüllt sein, wenn mindestens zweimal in der Woche musiziert wird. Über diese Festlegungen könnte man natürlich streiten, denn sie beeinflussen ganz klar die Bewertung der Aussage. Aber das soll nun gerade nicht unser Thema sein.
Vielmehr schauen wir uns die Tabelle und die Zahlen an. In den vier Feldern stehen die vier Möglichkeiten: Entweder eine Person spielt ein Instrument und ist gut in Mathematik oder aber nur eines der Kriterien ist erfüllt, oder die Person ist weder für die Mathematik noch für ein Instrument wirklich zu begeistern.
Sie sehen die Zahlen in den entsprechenden Feldern, die sich auf 1.000 addieren müssen: 90 musizieren und sind gut in Mathematik, 590 können beidem nichts abgewinnen und 110 bzw. 210 erfüllen genau ein Kriterium.
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Das ist die gleiche Tabelle, allerdings haben wir die absoluten Zahlen in relative Zahlen verwandelt, die man als Prozentsätze lesen kann: 9% musizieren und sind gut in Mathematik, 59% machen weder begeistert Musik noch Mathematik und 11% bzw. 21% erfüllen genau eines der Kriterien.
Bezogen auf die Kriterien sind 200 Schülerinnen und Schüler – und das sind 20% - gut in Mathematik und 300 – oder 30% – spielen regelmäßig ein Instrument.
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Natürlich kann man auch hier ein Baumdiagramm für die Darstellung nutzen. 200 oder 20% oder 2/10 sind gut in Mathematik und folglich 8/10 nicht. Das tragen wir im ersten Schritt ein.
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Und nun betrachten wir den nächsten Schritt gleich unter Bezug auf den ersten Schritt. Von den 2/10, die gut in Mathematik sind spielen 90 von 200 ein Instrument und 110 von 200 nicht. Das entspricht 9 von 20 bzw. 11 von 20. Sie sehen hier diese Zahlen als Brüche eingetragen.
Genauso spielen in Bezug auf die, die keine besonders gute Note in Mathematik haben, 210 von 800 oder 21 von 80 ein Instrument und 590 von 800 oder 59 von 80 tun es nicht.
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Nun wurde Laura wurde zufällig aus den Schülerinnen und Schülern in dieser Jahrgangsstufe ausgewählt. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 3/10 musiziert sie also mindestens zweimal in der Woche.
Ändert sich an dieser Wahrscheinlichkeit etwas, wenn man zusätzlich weiß, dass sie gut in Mathematik ist?
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Vermutlich. Und warum das so sein sollte, kann man sich leicht überlegen. Laura gehört immerhin zu einer Teilstichprobe von 200 Personen, von denen 90 (und damit knapp die Hälfte) regelmäßig ein Instrument spielen.
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Lassen Sie uns also rechnen. Letztendlich geht es wieder darum, die Anzahl der günstigen Fälle durch die Anzahl der möglichen Fälle zu dividieren.
Günstig bedeutet, dass BEIDE Bedingungen erfüllt sind.
Möglich bedeutet, dass zumindest die Mathematiknote stimmt.
Die Wahrscheinlichkeit, dass Laura ein Instrument spielt, falls sie gut in Mathematik ist, beträgt damit 90/200 oder 45/100 oder 45%.
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Und das kann man in eine Formel passen, egal ob man nun Formeln liebt oder nicht.
Wir setzen A = „ist gut in Mathematik“
Und wir setzen B = „spielt ein Instrument“.
Wir bestimmen dann die Wahrscheinlichkeit
P (Laura spielt ein Instrument, falls Laura gut in Mathematik ist)
über die Wahrscheinlichkeiten der günstigen und der möglichen Fälle.
Sie schreibt sich allgemein P(B|A) – manchmal auch PA(B) – und wird gelesen P von B unter der Bedingung A.
P(B|A) = P(A ∩ B) : P(A)
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Betrachten wir ein weiteres Beispiel.
Wir werfen zweimal den Würfel und möchten wissen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass mindestens die Augensumme „9“ geworfen wird, wenn der erste Wurf eine „5“ ergibt?
Das sind die Variablen:
A:= Man wirft eine „5“; B:= Man wirft mindestens Augensumme „9“.
Und das ist noch einmal die Formel:
P(B|A) = P(A ∩ B) : P(A)
Es ist P(A) = 1/6 und P(A ∩ B) = 3/36 (man vergleiche Folie 8 oder überlege sich, dass 5+1, 5+2, 5+3 alle kleiner als 9 sind).
Also ist P(B|A) = 3/36 : 1/6 = 1/2.
OK, zugegeben, man hätte das wohl auch ohne Formel geschafft ;-)
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Und noch einmal, Beispiele schaden ja fast nie.
In eine Studie zur Wirksamkeit einer Impfung wurden 1000 Personen einbezogen. Sie waren geimpft, das ist Kriterium A, oder eben auch nicht und (natürlich erst im Anschluss an die Impfung) erkrankt, und das ist Kriterium B, oder aber sie waren nicht erkrankt. Sie sehen hier die absoluten Zahlen. Dann ist offensichtlich
P(A) = 400/1000 = 2/5 = 0,4
P(B) = 200/1000 = 1/5 = 0,2
P(A ∩ B) = 50/1000 = 1/20 = 0,05
Und damit P(B|A) = 1/20 : 2/5 = 1/8 = 0,125
Folie 12
Wir definieren.
Wenn A und B Ereignisse eines Zufallsexperiments sind, dann heißt
die bedingte Wahrscheinlichkeit des Ereignisses B, falls das Ereignis A eintritt.
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Man bekommt die sogenannte Formel von Bayes.
Wenn A und B Ereignisse eines Zufallsexperiments mit P(A) > 0 und P(B) > 0 sind, dann ist
P(B|A) = und
Schauen Sie sich das in Ruhe an. Nur zuhören nützt an dieser Stelle relativ wenig.
Folie 14
Wir nehmen die Formel zum Anlass für ein letztes und wohlbekanntes Beispiel.
Erinnern Sie sich noch an die Fischstäbchen?
Wir hatten befürchtet, dass sie nicht ganz sauber in den Handel kommen und 1% mit Seepferdchenfleisch kontaminiert ist. Es gab dafür einen Test und der erkannte das richtige Ergebnis in 90% der Fälle.
Sie erinnern sich hoffentlich an diese Folie aus Folge 17.
Wir hatten in der genannten Folge alle Wahrscheinlichkeiten per Hand ausgerechnet. Versuchen wir es nun mit Hilfe der Formel.
Folie 15
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fischstäbchen tatsächlich positiv getestet wird unter der Voraussetzung, dass es kontaminiert ist? Das ist ganz einfach, denn das ist über den Test bekannt. Es ist
P(testpositiv | kontam) = 0,9 .
Folie 16
Wie hoch ist nun die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fischstäbchen tatsächlich kontaminiert ist unter der Bedingung, dass es positiv getestet wurde? Das kann man berechnen mit Hilfe der Formel.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fischstäbchen tatsächlich kontaminiert ist unter der Voraussetzung, dass es positiv getestet wurde, berechnet sich so:
Man multipliziert die Wahrscheinlichkeit, dass ein Fischstäbchen tatsächlich positiv getestet wird, wenn es kontaminiert ist mit der allgemeinen Wahrscheinlichkeit für den positiven Test und dividiert durch die allgemeine Wahrscheinlichkeit, dass es kontaminiert ist.
Das ist selbstverständlich identisch mit unserem „handgestrickten“ Ergebnis.
Folie 17
In einer erweiterten Form stellt die Formel von Bayes übrigens eine Verbindung zwischen Ereignissen eines Zufallsexperiments und deren Gegenereignissen her. Und diese Verbindung soll zumindest erwähnt werden.
Wenn A und B Ereignisse eines Zufallsexperiments sind, dann ist
und sinnvollerweise setzen wir voraus, dass alle im Nenner auftretenden Wahrscheinlichkeiten > 0 sind.
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Lassen Sie uns zusammenfassen, womit wir uns heute beschäftigt haben:
Aber nicht vergessen. Letztendlich gilt es immer, die Anzahl der günstigen und die Anzahl der möglichen Fälle zu bestimmen, denn darauf lässt sich jede Wahrscheinlichkeit zurückführen.
Folie 19
Das war es für heute. Vielen Dank, dass Sie dabei waren, und wir treffen uns wieder in der nächsten Folge. Und dann nutzen wir noch einmal, was wir heute – nicht ganz ohne Anstrengung – herausgearbeitet haben. Bis zum nächsten Mal.
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