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Wer wirft die Sechs? Die Binomialverteilung.

27 Wer wirft die Sechs? Die Binomialverteilung.

 

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Hallo und herzlich willkommen zu dieser neuen Folge. Lassen Sie uns heute über die Binomialverteilung reden und darüber, was sie mit dem Werfen einer „6“ mit dem Würfel zu tun haben kann.

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Wieder einmal betrachten wir Zufallsexperimente, nämlich diese:

  • Eine Münze wird geworfen.
  • Wir würfeln und werfen eine „6“ oder nicht.
  • Man zieht eine Kugel aus einer Urne mit schwarzen und roten Kugeln.
  • Argentinien und Spanien spielen im Finale einer (hypothetischen) Fußballweltmeisterschaft.
  • Robert besteht die Mathematikklausur oder nicht.
  • Wir werfen eine Reißzwecke. Sie landet auf dem Kopf oder auf der Seite.
  • Wir schauen uns einen Kaktus an, er zeigt eine Blüte oder nicht.

Was haben diese Zufallsexperimente gemeinsam? Auf den ersten Blick nicht viel. Aber der zweite Blick lässt erkennen, dass es jeweils zwei mögliche Ergebnisse gibt. Das gilt offensichtlich für alle diese Experimente. Es gilt auch für die Fußballweltmeisterschaft, denn hier wird notfalls die siegreiche Mannschaft durch ein Elfmeterschießen bestimmt. Nach den Regeln geht das Elfmeterschießen so lange, bis das Spiel entschieden ist, was aus mathematischer Sicht allerdings merkwürdig klingt. Theoretisch könnte es dann auch endlos weitergehen, oder? Egal, wir befassen uns prinzipiell mit den Experimenten.

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Wir nennen ein solches Zufallsexperiment ein Bernoulli-Experiment.

Die Definition ist ganz einfach. Ein Zufallsexperiment, bei dem genau zwei mögliche Ergebnisse unterschieden werden können, etwa „Treffer“ und „Niete“, heißt Bernoulli-Experiment. Ganz wichtig: Die beiden Ergebnisse müssen nicht gleich wahrscheinlich sein.

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Schauen wir uns die Beispiele etwas genauer an.

Beim Münzwurf gibt es die Ergebnisse „Kopf“ und „Zahl“. Beide sind gleich wahrscheinlich und es ist P(Kopf) = P(Zahl) = ½.

Wirft man eine Münze mehrfach, dann kann man zur Darstellung ein Baumdiagramm mit einer sehr einfachen Struktur nutzen. Sie sehen es hier abgebildet.

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Wenn wir würfeln, dann kann man die Ergebnisse „6“ und „nicht 6“ unterscheiden. Die beiden Ergebnisse sind allerdings nicht gleich wahrscheinlich. Es ist P(6) = 1/6 und P(nicht 6) = 5/6.

Führt man dieses Experiment mehrfach durch, dann kann man auch hier ein Baumdiagramm verwenden. Es ist in seiner Struktur natürlich genauso einfach wie beim Münzwurf, wir schreiben nur die entsprechenden geänderten Wahrscheinlichkeiten an die Äste.

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Und wie sieht es bei der Reißzwecke aus?

Es gibt die Ergebnisse „Kopf“ und „Seite“. Beide Ergebnisse sind unterschiedlich wahrscheinlich und es gibt – wir haben das öfters schon gesehen – keinen theoretischen Wert für die Wahrscheinlichkeit. Aber: Wenn P(Kopf) = p ist, dann ist P(Seite) = 1 – p.

Führt man das Experiment mehrfach durch, dann kann man – ganz klar – ein Baumdiagramm nutzen und entsprechend beschriften.

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Betrachten wir noch die Kaktusblüte. Und ja, jetzt wird es langweilig.

Es gibt die Ergebnisse „Blüte“ und „keine Blüte “. Beide Ergebnisse sind unterschiedlich wahrscheinlich, und es gibt auch dieses Mal keinen theoretischen Wert.

Aber: Wenn P(Blüte) = p ist, dann ist P(keine Blüte) = 1 – p.

Führt man das Experiment mehrfach durch, dann kann man auch hier zur Darstellung ein Baumdiagramm nutzen.

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Das war nun mehrfach immer wieder die gleiche Situation. Offensichtlich lohnt es sich, dafür einen Begriff einzuführen. Es ist der Begriff der Bernoulli-Kette.

Führt man das gleiche Bernoulli-Experiment n-mal durch, so bekommt man eine Bernoulli-Kette der Länge n.

Die Struktur einer Bernoulli-Kette mit Trefferwahrscheinlichkeit p ist einfach und durch das Baumdiagramm in der Abbildung zu beschreiben.

Namenspatron ist übrigens der Schweizer Mathematiker Jakob I Bernoulli, ein Mitglied der recht berühmten Mathematikerfamilie Bernoulli. Er wirkte in der zweiten Hälfte des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts.

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Wie sieht es jeweils mit den Wahrscheinlichkeiten aus? Wir überlegen uns das, stellen jeweils die Ergebnisse in einer Tabelle dar und beginnen mit dem Münzwurf. Wirft man dreimal, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass dreimal oder überhaupt nicht „Kopf“ geworfen wird, offensichtlich jeweils 1/8. Die Wahrscheinlichkeit, dass einmal oder zweimal „Kopf“ geworfen wird, ist jeweils 3/8.

Daraus lässt dich der Erwartungswert berechnen. Es ist

 

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Und so sieht es im Histogramm aus, sehr übersichtlich. Wir können die Zahlen ablesen, die wir gerade berechnet hatten. Die Wahrscheinlichkeit, dass in keinem Fall „Kopf“ geworfen wird ist genauso 1/8 wie die Wahrscheinlichkeit, dass dreimal hintereinander „Kopf“ kommt. Die Wahrscheinlichkeit für einmal „Kopf“ oder zweimal „Kopf“ ist jeweils 3/8. Man erkennt sehr schön die Symmetrie, die sich durch die Beschränkung auf nur zwei Möglichkeiten ergibt.

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Wir untersuchen nun das Bernoulli-Experiment „Wurf einer 6 mit dem Würfel“. Wirft man dreimal, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass dreimal eine „6“ geworfen wird, gerade einmal oder 1/216. Die Wahrscheinlichkeit, dass zweimal eine „6“ geworfen wird, ist  = 15/216. Die Wahrscheinlichkeit, dass genau einmal eine „6“ oben liegt, ist  = 75/216. Und schließlich sind es 125 von 216 Fällen, in denen keine „6“ auftritt, was einer Wahrscheinlichkeit von  = 125/216 entspricht.

Wir berechnen wieder den Erwartungswert. Er ist

Und das ist die erwartete (relative) Anzahl an 6en beim 3-maligen Münzwurf.

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Auch hier schauen wir uns das noch im Histogramm an.

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Im Beispiel der Reißzwecke sieht man noch etwas besser das allgemeine Prinzip.

Wenn p die Wahrscheinlichkeit für das Ereignis „Kopf“ ist, dann ist  die Wahrscheinlichkeit für 3-mal „Kopf“, 𝟑•𝒑2 • (𝟏 −𝒑) die Wahrscheinlichkeit für 2-mal „Kopf“, 𝟑•𝒑•(𝟏 −𝒑)2 die Wahrscheinlichkeit für 1-mal „Kopf“ und (1-p)3 die Wahrscheinlichkeit, dass kein einziges Mal die Reißzwecke auf den Kopf fällt.

Bernoulli-Experimente folgen offensichtlich einem gemeinsamen „Muster“.

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Betrachten wir ganz allgemein das Urnenmodell.

Ein Bernoulli-Experiment kann man durch das Ziehen von Kugeln aus einer Urne simulieren. Nimmt man etwa schwarze und rote Kugeln, dann muss ein Anteil (z. B. der roten Kugeln) der Trefferwahrscheinlichkeit p des eigentlichen Experiments entsprechen.

Eine Bernoulli-Kette der Länge n bedeutet also, dass man n-mal zufällig eine Kugel zieht und sie wieder zurücklegt.

Die entsprechenden Wahrscheinlichkeiten kann man – und das haben wir in den Beispielen gemacht – recht einfach bestimmen.

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Und ganz allgemein: Der Binomialkoeffizient  gibt die Anzahl der verschiedenen Ergebnisse an, die bei einer Bernoulli-Kette der Länge n genau k Treffer („rote Kugeln“) enthalten (mit k aus N0 und k ≤ n).

Jedes Ergebnis mit k Treffern und damit n-k „Nieten“ („schwarze Kugeln“) hat die Wahrscheinlichkeit pk • (1-p)n-k.

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Bei einer Bernoulli-Kette der Länge n und der Trefferwahrscheinlichkeit p ist die Wahrscheinlichkeit von genau k Treffern (mit 0 ≤ k ≤ n):

Und damit haben wir den Ausgangspunkt für eine spezifische Wahrscheinlichkeitsverteilung erreicht, nämlich für die so genannte Binomialverteilung.

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So ist die definiert:

Eine Zufallsgröße X heißt binomial verteilt mit den Parametern n und p, wenn sich die Wahrscheinlichkeit für k Treffer durch eine Bernoulli-Kette mit Länge n und Wahrscheinlichkeit p für einen Treffer beschreiben lässt. Diese Wahrscheinlichkeitsverteilung nennt man Binomialverteilung B(n;p).

Man schreibt (für 0 ≤ k ≤ n):  .

Wenn in der Mathematik verallgemeinert wird, dann kann das durchaus einmal etwas erschreckend aussehen. Letztendlich steht hier aber nur, was man in den Beispielen relativ mühelos sehen konnte. Das macht die Beispiele auch so wichtig. Eine Zusammenfassung, eine Definition oder eine Formel lohnen sich aus mathematischer Sicht nur, wenn es auch hinreichend Beispiele gibt. Entsprechend stehen sie regelmäßig am Beginn einer guten mathematischen Theorie.

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Und so machen wir dann auch den letzten Schritt für heute in Richtung einer fachlichen Zusammenfassung.

Der Erwartungswert einer binomial verteilten Zufallsgröße ist

  und das kann man wunderbar berechnen zu

E(X) = n • p

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Lassen Sie uns mit einem Beispiel enden. Wir versuchen noch einmal, eine „6“ zu werfen. Allerdings würfeln wir nicht dreimal, viermal oder fünfmal hintereinander, sondern dieses Mal dürfen es 50 Würfe sein. Natürlich kann man auch das berechnen, aber netter ist, sich vom Computer helfen zu lassen.

Wie sieht also jetzt das Histogramm aus? Auffällig ordentlich, oder? Versuchen wir einfach, das zumindest ansatzweise qualitativ zu verstehen. Auf der y-Achse sind die Wahrscheinlichkeiten abgetragen, auf der x-Achse die Anzahl der erfolgreichen Versuche. Dass die „6“ gleich 50-mal hintereinander und damit gar keine andere Zahl kommt, ist unwahrscheinlich. Die Wahrscheinlichkeit ist und das ist eine sehr kleine Zahl. Es ist durchaus zu erwarten, dass die „6“ ein paarmal auftreten wird. Aber nicht allzu oft, denn es gibt schließlich noch fünf andere Zahlen. Entsprechend ist es plausibel, dass – wie hier zu sehen – die „6“ irgendwo zwischen 6-mal und 10-mal bei 50 Würfen oben liegt. Viel weniger und viel mehr ist sicherlich weniger wahrscheinlich.

Es gibt Programme, mit denen man die Histogramme für (fast) beliebiges p und (fast) beliebiges n bestimmen kann. In diesem Beispiel wurde Geogebra verwendet. Am besten schauen Sie sich das selbst einmal an und spielen mit den Parametern.

Wir werden das in der kommenden Folge noch einmal aufnehmen.

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Haben Sie vielen Dank, dass Sie dabei waren. Ich freue mich darauf, Sie in der nächsten Folge wieder zu begrüßen.

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